Einige Probleme der Induktion
Wir haben gesehen, dass die vollständige Induktion zwar logisch gültig, aber unfruchtbar ist – es ist schwierig, durch sie neue Erkenntnisse zu gewinnen. Die unvollständige Induktion hingegen kann sehr fruchtbar sein, wenn sie korrekt ist, aber leider sind wir selten sicher, dass sie wirklich der Natur der Dinge entspricht. Das allgemeine Problem der Rechtfertigung der Induktion liegt in der folgenden Frage: Auf welcher logischen Grundlage ist es möglich und gerechtfertigt, von einer begrenzten Anzahl von Einzeltatsachen – die zufällig oder außergewöhnlich sein können – zu einer Behauptung über eine allgemeine und notwendige Beziehung zu gelangen, die auch für die Fälle gilt, über die wir nichts wissen?
Einige mittelalterliche Logiker, wie z. B. Duns Scotus, argumentierten, dass die ständige Wiederholung eines Phänomens nicht durch bloßen Zufall erklärt werden kann – es muss also notwendig sein.
Die Schwäche solcher Argumente liegt in der Tatsache, dass das wiederholte Auftreten eines Phänomens allein nicht den Schluss rechtfertigt, dass es notwendig ist. Wenn wir beispielsweise sagen, dass die Software eines bestimmten Unternehmens X noch nie eine Sicherheitslücke oder einen Hackerangriff erlebt hat, können wir nicht zu dem Schluss kommen, dass sie absolut sicher ist und in Zukunft keine Schwachstellen mehr aufweisen wird.
Die Gültigkeit einer Induktion hängt in erster Linie von der richtigen Quantität und Qualität der vorliegenden Fakten ab. Diese Fakten müssen im Lichte des gesamten zuvor erworbenen Wissens in diesem Bereich, einschließlich der allgemeinsten Denkprinzipien, interpretiert werden. Man kann also sagen, dass die Stärke einer induktiven Schlussfolgerung von vier grundlegenden Faktoren abhängt:
- der Anzahl der untersuchten Fakten,
- der Qualität dieser Fakten (d.h. wie repräsentativ sie für die gegebene Art sind),
- ihrer Grundlage in zuvor festgelegten Verallgemeinerungen und
- ihre Übereinstimmung mit den allgemeinsten Regeln und Grundsätzen der wissenschaftlichen Methodik.
Hier zeigt sich deutlich der Zusammenhang zwischen Induktion und Deduktion. Ohne ein gewisses Allgemeinwissen und ohne daraus Schlussfolgerungen zu ziehen, können wir weder Fakten richtig sammeln, noch können wir induktive Schlussfolgerungen ziehen, deren Glaubwürdigkeit zufriedenstellend wäre.
In den nächsten Beiträgen werden wir uns mit der Deduktion befassen.